Wie in meinem Beitrag „FarblosFoto goes analog“ geschrieben, hatte ich meinen ersten schwarzweiss Film noch bei den Profis entwickeln lassen. Ich wollte sehen, ob die alte Lipca Rollop 2.8 Automatic einigermaßen brauchbare Fotos macht. Nun wusste ich es. Sofern ich richtig belichte und die Kamera beim Auslösen ruhig halte, kommt zumindest etwas brauchbares auf dem Negativ an. Was liegt also näher, als sich selbst an die Entwicklung des Films zu machen. Vorab sei erwähnt, wer eine weitere hoch technische Anleitung über das Entwickeln von schwarzweiss Negativen erwartet, wird beim Weiterlesen sicher enttäuscht. Ich schreibe hier über meine Vorgehensweise und der Erfahrung, dass auch beim Entwickeln von Negativen nur mit lauwarmen Wasser gekocht wird.
Die Herausforderung 12 Fotos zu machen
Erstmal musste ich natürlich losziehen um den nächsten Film voll zu bekommen. Wie schon beim Ersten, tat ich mich wieder schwer. Zum Glück war ein Besuch des Hamburger Dom`s geplant und so packte ich die alte Rollop in meine Fototasche. Normalerweise nehme ich auf einen entspannten Dom Besuch immer meine DSLR und ein Stativ mit. Man kann nie genug bekommen, von den bunten Lichtern und den sich drehen Karussells. Die üblich Dom Langzeitbelichtungen, die wohl jeder zuhauf im Archiv hat. Ich finde es trotzdem immer wieder gut und irgendwie findet man auch immer wieder was Neues, was noch nicht auf den Sensor gebannt wurde. Jedes Motiv wird mehrfach in Szene gesetzt. Blende zu, um den Sterneffekt zu erreichen. Lange Verschlusszeit für die Bewegungsunschärfe. Eine Belichtungsreihe mit +/- einer Blendenstufe um im Nachhinein zu entscheiden, was das bessere Ausgangsbild ist oder gleich ein Bracketing um ein HDR zu erzeugen. So können bei einem Dombummel schnell an die hundert Aufnahmen zusammen kommen. Kost‘ ja nix! Diesmal hatte ich nur die Rollop mit und nichts weiter.
Irgendwie verhalte ich mich mit so einer Analogen, die mal gerade 12 Fotos macht, anders. Ich kucke mir jedes Motiv genau an. Ist das ein Motiv, welches es wert wäre auf Foto gebannt zu werden? Erstmal nicht. Vielleicht kommt noch ein Besseres. Wo die DSLR schon zig Fotos im Kasten hätte, ist mit der Analogen (zumindest bei mir) noch nichts passiert. Kaum zu glauben aber ich habe es geschafft, bei zwei Rundgängen mal gerade 5 Fotos zu machen. Und immer wieder der Gedanke ob die Fotos überhaupt was geworden sind. Hätte ich das eine oder andere vielleicht mit einer anderen Belichtungseinstellung nochmal machen sollen? Die Abenddämmerung setzte ein und ich stellte fest, dass ich kein Stativ dabei hatte. Also nichts mit längeren Belichtungszeiten. So bin ich wirklich nur mit 5 Aufnahmen nach Hause gefahren. Blamabel!
Ein Paradebeispiel für dieses Verhalten sind die Fotos der „Munich Maersk„. Mit der DSLR habe ich mal eben 29 Fotos gemacht, von denen dann 4 für meinen Blogeintrag übrig blieben und mit der analogen Rollop hab ich ganze 2 Fotos aufgenommen. Wie auch immer, der Film musste voll, denn parallel hatte ich schon alle Utensilien für die Entwicklung des Films geshoppt und wollte endlich loslegen. Um den Film voll zu bekommen bin ich noch schnell zum „alten Kran am Billhafen“ gefahren.
Chemie und Hardware shoppen
Die ersten Fragen waren natürlich: Was brauche ich alles um einen Film zu entwickeln und wie geht das vonstatten. Wie immer ist das Internet dein Freund und beantwortet alle Fragen. Es gibt unzählige Tutorials im Netz und je mehr man liest, desto mehr stellt man fest, dass es wie immer keinen Königsweg gibt. Es gibt Leute die betreiben richtig Aufwand und eben die, die es einfach halten. Zu denen gehöre ich. So gilt es die einfachen Dinge zu klären: Was brauch ich, wo bekomme ich es her und wie entwickle ich den Film?
Die Fragen waren schnell geklärt. Ich brauche einen Wechselsack – irgendwie muss der Film ja stressfrei in die Dose. Demzufolge logischerweise eine entsprechende Entwicklerdose und natürlich die Chemie. Den Entwickler, der macht was der Name schon verrät. Fixirer, der den Film fixiert und ein Netzmittel damit das Wasser auf dem Film keine flecken bildet. Zwei Messbecher mit mindestens 500 ml, einen Messzylinder (auch Mensur genannt), ein Thermometer (wichtig für die Wassertemperatur) und evtl. einen Trichter um angesetzte Lösungen in Behältnisse zur Aufbewahrung oder Entsorgung umzufüllen. Damit beim Umspulen des Films keine fettigen Fingerabdrücke auf das Negativ gelangen, und für die Arbeit mit den Chemikalien, wären noch Einweghandschuhe zu empfehlen.
Shopping
Den Wechselsack habe ich mir bei der Amazone bestellt. Es gibt ihn in zwei Größen und ich habe mich für den Größeren entschieden. Mehr Platz im Sack kann nicht schaden. Es stimmt, was einige in den Rezensionen sagen, dass die Gummis an den Armen sehr eng sind. Empfand ich am Anfang auch als störend doch als ich voll im Einsatz war, hatte ich gar keine Zeit darüber nach zu denken. Solange, dass einem die Arme absterben, braucht man auch nicht um den Film in die Dose zu bekommen.
Im Onlineshop von Fotoimpex habe ich das „Starter Set Film Basic für 10 Filme“ bestellt. Es beinhaltet eine Entwicklerdose, in dem Fall einen Patersontank mit zwei Filmspiralen. So ist es möglich, 2 Kleinbildfilme oder durch das verstellen einer Spule, einen Rollfilm 120 in die Dose zu legen. Auch dabei ist ein 35mm Filmstreifen um das Einspulen zu üben. Ein Thermometer und der ein 25 ml Messzylinder gehören ebenfalls dazu. Die zur Entwicklung benötigten Chemikalien sind 100 ml ADONAL Entwickler, 100 ml ADOFIX Fixierer und 50 ml ADOFLO Netzmittel sind ebenfalls im Set dabei.
In dem Video von Fotoimpex wird das „Starter Set Film Basic“ gut erklärt.
Pro Wissen: Adonal ist ein Nachbau des von Agfa im Jahr 1891 patentierten Entwicklers Rodinal. „Die Erfindung (…) begründete die fotografische Sparte der Firma Agfa und ist das am längsten auf dem Markt befindliche Produkt für Fotografie überhaupt. So wird Rodinal sogar mit einem Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde aufgeführt.“ Quelle: Wikipedia
Da das Patent mittlerweile abgelaufen und die Rezeptur bekannt ist, gibt es diverse Nachbauten auf dem Markt.
Den Film entwickeln – Theorie
Zuerst ein bisschen Theorie. Bestimmte Filme haben bei einer bestimmten Belichtung eine entsprechende Entwicklungszeit. Es ist grundsätzlich möglich einen gesamten Film unterzubelichten, dann muss man ihn bei der Entwicklung pushen. Einen überbelichteten Film kann man bei der Entwicklung pullen. In meinem Fall habe ich den Film gem. ISO Nennempfindlichkeit belichtetet. Also kann ich auch eine Standardentwicklung durchführen. Zunächst muss geschaut werden, welche Entwicklungszeit, mit welchem Entwickler und welchem Mischungsverhältnis für den verwendeten Film zutrifft. Hier hilft die Website digitaltruth.com weiter. Auf dieser Seite kann man den benutzten Film und den zu benutzenden Entwickler wählen. Auch möglich ist ein Besuch der Ilford Webseite, um sich dort die Datenblätter zum benutzten Film anzusehen. Das Ergebnis ist in beiden Fällen das Gleiche: Ilford Delta 100 Pro 120, belichtet auf ISO 100 und Rodinal mit einem Mischungsverhältnis von 1:25 als Entwickler, ergibt eine Entwicklungszeit von 9 Minuten bei 20°C. Theorie Ende.
Der Film muss in die Entwicklerdose
Die erste Herausforderung ist es, den Film in die Entwicklerdose zu bekommen. Hier kommt der Wechselsack zum Einsatz. Es empfiehlt sich zuerst die Spule auf die richtige Filmbreite einzustellen, bevor die Dose, der Film und die Spule in den Wechselsack kommt. Sicherheitshalber habe ich noch eine Schere dazugetan. Die braucht man aber eigentlich nur für einen 35mm Film. Aber sicher ist sicher. Sack zu, Handschuhe an und Arme in die Öffnungen. Die erste Schweißperle machte sich auf der Stirn breit, nachdem ich den Film von der Rolle abgewickelt hatte. Das Papier und der Negativstreifen haben die gleiche Breite und ich musste erstmal ertasten, was ich in die Spule aufziehe. Es braucht einen Augenblick, bis man sich an die Handschuhe und das Arbeiten ohne etwas zu sehen gewöhnt. Alles in allem ging es dann doch recht fix. Der Film war aufgespult, das Achsrohr eingesteckt und beides in der Dose verstaut. Noch den oberen Einsatz einlegen und und einrasten. Deckel drauf – fertig.
Entwickler, Fixierer ansetzen
Für das Entwickeln eines Rollfilm 120 wird je 500 ml Entwickler und Fixierer benötigt. Die Mengenangaben für die verschiedenen Filme befinden sich auf der Unterseite der Dose. Um 500ml Rodinal Entwickler im Verhältnis 1:25 anzusetzen, wird 20 ml Rodinal mit 480 ml, 20°C warmen Wasser, in einem Messbecher gemischt. Den Messbecher in dem der Entwickler angesetzt wurde, habe ich mit DEV (für developer) gekennzeichnet, damit dieser auch in Zukunft nur für den Entwickler genutzt wird. Das macht durchaus Sinn, denn der Entwickler ist empfindlich gegen Verunreinigungen. So reichen ein paar Spritzer aus, um ihn unbrauchbar zu machen.
Den Fixierer, den man im Gegensatz zum Entwickler öfters verwenden kann, habe ich gleich auf auf einen Liter gemischt. Also die ganze 100 ml Flasche plus 900 ml Wasser. Damit ich später weiß, was 500 ml sind, habe ich zuerst 500 ml Wasser mit dem Messbecher in die Flasche gefüllt und einen dicken Strich gezogen. Dann den Fixierer in den Messbecher und diesen dann auf 500 ml mit Wasser auffüllen und ab in die Flasche. Fertig ist ein Liter Fixierer. Flasche natürlich auch kennzeichnen! In dem gereinigten Messbecher habe ich dann noch die 500 ml Netzmittel im Verhältnis 1:400 angesetzt. Macht 1,25 ml Netzmittel und 498,75 ml Wasser. Da das Netzmittel nur dafür gut ist, dass sich beim Trocknen keine Wasserflecken auf den Negativ absetzen, muss bei der Mischung nicht ganz so genau hingeschaut werden. Jetzt wo alle Chemikalien angesetzt sind, kann es mit dem Entwickeln losgehen.
Das eigentliche Entwickeln
Das handwerkliche Entwickeln des Films ist doch recht einfach. Film vorwässern (gibt dahingehend auch andere Meinungen), danach den Entwickler in die Dose gießen und 9 Minuten entwickeln. Auch hier gibt es keinen Königsweg, wie oft die Entwicklerdose bewegt werden soll. Nach den 9 Minuten den Entwickler aus der Dose gießen. BITTE die Chemikalien nicht in den Abfluss giessen sondern in ein altes Behältnis, welches zu gegebener Zeit zum Sonderabfall gebracht werden kann. Jetzt zwischenwässern damit der restliche Entwickler aus der Dose gespült wird. Danach den Fixierer aus der vorbereiteten Flasche einfüllen. Ich habe 10 Minuten fixiert und den Fixierer zurück in die Flasche gegossen. Der Entwicklungsvorgang ist nun abgeschlossen und die kann Dose geöffnet werden. Wichtig ist ein gründliches wässern. Zum Abschluss noch ein Bad im Netzmittel. Fertig.
Ich hätte natürlich auch jeden einzelnen Kippvorgang beschreiben können aber das haben andere schon viel ausführlicher gemacht. Wer sich für den kompletten Vorgang interessiert, dem lege ich das folgende Video nahe. Ich bin der Meinung, dass dieses Video die Entwicklung sehr gut auf den Punkt bringt. Bis auf das in den Abfluss kippen der Chemikalien.
Hier meine ersten selbstentwickelten Fotos.